Meine erste und letzte Liebe


Was ist Liebe? Woran erkennt man die erste Liebe? Wir Mädchen neigen doch ziemlich oft dazu uns Hals über Kopf in irgendwelche Typen zu verlieben und von großer Liebe zu sprechen, nur um uns dann doch wieder in Melodramatik zu suhlen. Ich schätze, dass das jeder für sich entscheiden muss...

Alles begann 2008. Ich bin Fan einer japanischen Rockband, arbeitslos mit 18, einsam und isoliert von der Außenwelt, zurückgezogen und kontaktscheu, irgendwo in einer mir fremden Stadt. Von dem Menschen, der ich mal war, ist nicht viel übrig geblieben. Die Zeit, von der ich viel habe, vertreibe ich mir damit Fotos zu schießen, sie mit Programmen zu bearbeiten, schlafen, mit meiner Schwester um den Internetzugang zu streiten und in zwei Romanen von der Liebe zu träumen. Ihr merkt, kein sonderlich prickelndes Dasein.
Der 01.11.2008 sollte alles ändern.

Ich verbringe zum ersten Mal seit drei Jahren einen Tag mit meinen "Freundinnen" in der Stadt, in der ich mal wohnte und wo man mich längst vergessen hat. Ich trinke Bier, wir kauen Kaugummis, die Mädels erzählen von ihren Bettgeschichten und diskutieren über verschiedene Varianten des Geschlechtsakts, während ich sie mit fragenden Augen beobachte. Zum Schluss sagt eine dieser Mädchen zu mir: "Du wirst auch noch jemanden kennen lernen. Du musst nur mal mit in die Disko kommen..." Heimlich wünsche ich mir sehr, dass mich eine von ihnen auffordert mitzukommen, doch ich bin zu stolz um mich aufzuzwingen und sie zu desinteressiert an meiner Person. Was ich verstehen kann.

01.11.2008 - Abend. Ich bearbeite ein Wallpaper von Toshiya um es dann per Icq an einen Gleichgesinnten zu schicken, doch die Nachricht kommt bei jemand anderem an. Und zwar bei seinem Freund, der sich bereit erklärt hat mich weg zu ekeln, damit ich den "Gleichgesinnten" nie wieder anzuschreiben versuche. Wir diskutieren, necken uns, zerfleischen uns mit Worten und werfen uns Beleidigungen wie Tischtennisbälle zu. Anfangs fand ich es ganz lustig, hielt ihn für einen pubertierenden 14 Jährigen, doch langsam bin ich genervt und klicke ihn andauernd weg, doch er schreibt mich wieder an. Ich lösche ihn und er findet mich wieder und textet munter weiter. Ich gebe mich geschlagen und verspreche meinen "Gleichgesinnten" nie wieder anzuschreiben, doch es interessiert den Idioten am anderen Ende nicht. Irgendwann muss er dann doch gehen. Burger King. Zum Schluss wünscht er mir eine gute Nacht und verschwindet, während ich verdutzt auf seine letzten Worte starre.

Nächster Tag. Als Facebook noch Wer-kennt-wen war, checke ich, wie jeden Tag, meine Nachrichten. Neben Freundschaftsanfragen von Männern jenseits der 50 finde ich auch seine. Sein Name steht weit oben auf meiner Liste für die Figuren, die in meinen Romanen vorkommen sollen, doch ansonsten kann ich damit nichts anfangen. Ich lese mir sein Profil durch und erkenne ihn an der von sich selbst überzeugten Schreibweise und schreibe ihm gleich mal ganz keck, dass ich dachte, er sei froh das Monster (so hat er mich am Vorabend bezeichnet) nicht zu kennen. Ich rechne nicht damit, dass er zurück schreibt und beschäftige mich anderweitig. Doch das tut er. Aus kurzen Neckereien werden lange Texte.

Mein Kopf sagt mir: Bist du bescheuert??? Wie naiv bist du eigentlich??? - Mein Herz sagt nichts. Es schlägt nur. Seit einer gefühlten Ewigkeit wieder. Und überschlägt sich von Nachricht zu Nachricht, wenn ich sehe dass er mir geschrieben hat. Mein Kopf sagt: Du bist die größte Witzfigur im Umkreis von 20 km. Mein Herz sagt: Und er wohnt noch 10 km weiter...
Jeden Tag, von Nachricht zu Nachricht wird der Wunsch größer ihn zu sehen. Ihm in die dunklen Augen zu sehen, die ich mir hundertfach in seinen Fotoalben angesehen habe. Sein Parfüm zu riechen. Seine Mimik zu beobachten. Und auch die Angst wird größer. Er ist hübsch, ist oft unterwegs und lernt jedes Mal andere Weiber kennen. Ich bin zu verwirrt um ihm in klaren Sätzen zu formulieren, dass ich mich total in ihn verknallt habe. Ich bin zu schüchtern um zu fragen, ob wir uns auf ein paar Chicken Nuggets treffen könnten. Stattdessen mache ich Screenshots von seinen wundervollen Worten und sammele Bilder von ihm, als würde ich einen Traum festhalten wollen.
Irgendwann beobachte ich mich dabei, wie ich ihm in komisch klingenden Sätzen beschreibe, dass ich total auf ihn stehe. Er schreibt mir in ebenfalls komisch klingenden Sätzen zurück, dass es ihm genauso geht.

Dezember 2008. Mein Wunschzettel an den Weihnachtsmann fällt dieses Jahr recht klein aus: Ihn zu sehen.
Mein Wunsch erfüllt sich.

Je näher wir der Disko kommen, desto mehr habe ich das Gefühl mein Herzklopfen würde die Musik übertönen. Er schreibt mir eine Sms, dass er da wäre. Zwei Stunden vergehen, ohne dass wir uns begegnen oder ansatzweise mit Blicken streifen. Meine Freundin will mich auf eine letzte Runde durch die Disko zerren als mein Blick auf zwei Personen fällt, die sich an uns vorbei einen Weg zu einem anderen Gang bahnen. Ich denke nicht nach, renne automatisch hinterher, erwische seinen besten Freund am Pullover, der sich, bereit zum Zuschlagen umdreht und dann erkennt, dass ich nur ein dickes kleines Mädchen bin, dass einem Jungen, den sie nie zuvor gesehen hat, hinterher rennt. Sein bester Freund reißt ihn, so kommt es mir vor, brutal herum und zum aller ersten Mal begegnen sich unsere Blicke. Ich bin an dem Abend so verschüchtert, dass ich ständig auf meine Füße und Hände starre. Kaum ein Wort bringe ich heraus. Er findet das zum Schreien niedlich. Als er, nur eine Stunde später geht, küsst er mich auf die Lippen, doch ich weiß, dass ich eine Erkältung ausbrüte und versuche mich zu wehren, weil ich ihn doch nicht anstecken will, indem ich "Was tust du da!!!"während er mich küsst quiecke. Was er da wohl tut? Dämlich. Total dämlich. Irgendwas in mir drin weiß ganz genau, dass er sich nie wieder melden wird, da ich a) hässlich bin, b) zu dick, c) mich angestellt habe wieder letzte Vollpfosten. Trotzdem bin ich wie paralysiert und fasse mit der Hand unbewusst immer wieder an meine Lippen, wo sich vor Stunden noch seine Lippen befanden. Die Schmetterlinge in meinem Bauch haben Ausmaße einer ernsthaften Erkrankung angenommen. So verliebt bin ich. Und so schmerzlich ist es, als mir bewusst wird, dass ich ihn nie wieder sehen werde.

Einen Tag später pocht er darauf mich wieder zu sehen. Mich??!! MICH! Dummerweise habe ich mir eine Erkältung eingefangen und versetze ihn deswegen oft. Er denkt, ich will ihn nicht mehr sehen... Und ob ich das will! Und wie!
Ich kuriere meinen letzten Schnupfen aus, als er an einem kalten dunklen Tag im Januar einen Parkplatz vor meinem zu Hause sucht. Ich habe ihm das beste Chinamann-Essen der Stadt versprochen. Wir küssen uns an diesem Abend wieder, mehrmals.

Vier Tage später findet er einen Grund wieder vorbei kommen zu können. Ich zeige ihm die Altstadt. Als wir fröstelnd zum Auto zurück gehen, sagt er mir, dass er mir etwas sagen müsse. Ich sehe, dass es ihm schwer fällt und blicke zu Boden und dann sagt er es. Ich liebe dich. Das einzige, was ich in meinem Schockmodus hervorbringe ist: Bist du dir sicher???? (Ihr müsst verstehen, das war das aller erste Mal für mich. Vor ihm habe ich nur mal zwei Jungen geküsst, nicht mehr.)

Ja. Das war er.
Und das seit bald konstant vier Jahren.

Ich weiß nicht, ob er der "Richtige" ist, sollte es so was wirklich geben und keine Erfindung von Disney sein.
Was ich ganz sicher weiß ist, dass ich ihn liebe. Für immer.
Er hat mich gerettet und ahnt vermutlich nur wie sehr.


______________________________________________________________________ August 2012

4 Kommentare:

  1. Wow! Schön geschrieben ;)
    Habe meine große Liebe auch schon gefunden, -am 10.08.2008!

    Liebe Grüße
    Natadi

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  2. Beautiful pictures on your blog and i love your background! :)

    http://andlovewillfindyou.blogspot.com/2012/10/you-are-word-from-heaven.html

    Have a great day!

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  3. Das ist einfach nur wundervoll! Eine unglaublich süße Geschichte, ich freue mich richtig für euch beide :). Wünsche euch, dass ihr noch lange lange lange glücklich seid :3.

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  4. Sehr schön geschrieben, man hat das gefühl man stand neben dir. :) ich habe auch meinen Prinzen gefunden. LG

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